Sonntag, 5. März 2017

Was macht der Gärtner auf der sechsten Etage?


Susanne von der siebten, Gerda von der fünften und Johanna und Margret von der dritten Etage saßen zusammen in der Cafeteria. Die Sonne schien, es war Frühling, sein Duft wehte durch die offenen Fenster. Gemischt natürlich mit dem von Kaffee und Kuchen. Was für eine schöne Mischung. Die vier Damen waren zufrieden und es fehlte ihnen auch nicht an Gesprächsstoff.
„Habt ihr eine Ahnung, was ein Gärtner ständig auf der sechsten Etage zu suchen hat?“, fragte Margret.
„Haben wir denn neuerdings einen Dachgarten?“ Johanna schreckte von ihrem Kuchenteller hoch.
„Aber Johanna­ …“, empörte Stimmen, empörte Blicke der drei anderen.
„Ja, stimmt, der könnte höchstens auf der siebten Etage sein.“ Johanna, ziemlich beschämt.
„Da ist aber auch keiner, das müsste ich wissen“, sagte Susanne.
„Woher weißt du denn was von einem Gärtner und der sechsten Etage, Margret?“, fragte nun Gerda und war sichtlich neugierig.
„Ich sehe ihn mehrmals die Woche rauffahren.“
„Aber du wohnst doch auf der Dritten.“ Gerda.
„Stimmt, aber ich seh‘ doch, welchen Knopf er drückt.“ Das sahen alle ein.
„Wir könnten doch mal die Blumenkästen auf der Sechsten inspizieren, ich lade euch ein.“  „Natürlich nur zum Gucken“, fügte die geizige Susanne gleich an.
„Keine schlechte Idee, vielleicht eine Anregung für den eigenen Blumenkasten“, Gerda war auf alles neugierig.
„Ja, das machen wir, wir kommen mit“, sagte Margret, die die Frage geklärt haben wollte. Johanna schwieg.

Kaffee und Kuchen waren getrunken und verzehrt, deutlich schneller als normalerweise. Die vier Damen gingen zum Aufzug und fuhren zur siebten Etage. Vom Balkon aus hatten sie einen guten Blick auf sechs Blumenkästen an sechs Wohnungen. Mehr als einen pro Wohnung gab es nicht.

„Ich seh‘ nichts Besonderes.“
„Ich auch nicht.“
„Geranien, frisch gepflanzt, Stiefmütterchen – schon etwas vergammelt. Daneben nackte Erde.“ Margret zog Bilanz, die anderen stimmten ihr zu – nichts, aber auch gar nichts Besonderes, zu dem man ständig einen Gärtner beschäftigen musste. Stumm sahen sie sich an. Vier Köpfe, ein Gedanke.  
„Aber was kann einen denn an dem dicken Gärtner interessieren“, Susanne brachte es auf den Punkt.
„Wieso dicken Gärtner?“, fragte Margret zurück.
„Wir haben doch nur den einen hier im Haus“, meinten die anderen.
„Ja, aber doch nicht unser Herr Schmidt! Viel jünger, schlanker, knuspriger sozusagen.“
„Aber woher weißt du denn, dass es ein Gärtner ist?“, fragte Johanna, die ihre dumme Frage von vorhin vergessen glaubte.
„Große grüne Schürze, Aufschrift ‚Gärtnerei Blumenschön‘. Und immer ein paar Blümchen in der Hand.“
„Na, dann kommt erst mal ins Wohnzimmer und setzt euch“, sagte Susanne. Sie verließen den Balkon und nahmen in Susannes Sesseln Platz.

„Wer kommt in Frage?“, begann Margret die Diskussion. Sie hatte schließlich das Thema in Gang gebracht.
Gut, sie wohnten alle vier schon länger in der Seniorenresidenz, aber wer wo wohnte, das wussten sie nicht, hatte sie bisher auch nicht interessiert. Aber jetzt …
„Wir könnten hinuntergehen und auf der Hinweistafel nachsehen, wer alles hinter den Blumenkästen wohnt.“ Susanne, findig wie immer, hatte die richtige Idee.
„Aber alle zusammen? Wie sieht denn das aus, wenn uns jemand sieht?“ Johanna fand das gar nicht gut, sie wollte nicht als Schnüfflerin in Verruf kommen. Die anderen wohl auch nicht. Aber es war doch ganz einfach. „Ich gehe“, sagte Margret. Und schon war sie weg und wieder da
. Hatte ein Notizblöckchen in der Hand und schwenkte es munter.

Das Rätselraten kam in Gang. Die teils anstößigen Vermutungen sollen hier verschwiegen werden. Höchst unschön. Ein Ergebnis gab es nicht. Natürlich nicht. Man versprach sich, aufmerksam zu sein.

„Übrigens, der Sohn von Frau Eberhard hat die Gärtnerei Blumenschön gekauft - hat sie heute beim Mittagstisch erzählt. Und weil die in der Nähe ist, hat er jetzt mehr Zeit, seine Mutter zu besuchen.“ Ohne eine Miene zu verziehen unterrichtete Gerda ihre Mitverschwörerinnen.

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