Freitag, 27. Juli 2018

Der Duft der Äpfel

von Sophie Lange

Wenn ich im Supermarkt Äpfel kaufe, staune ich stets, wie glänzend rot diese sind. Wie poliert, wie frisch gebohnert. Diese Rotbäckchen haben nicht das kleinste Fleckchen. Sie sind makellos! Und doch fehlt dem Prachtexemplar etwas.

Ich denke zurück an meine Kindheit. Im Spätsommer und im Herbst mussten wir Kinder schon in aller Herrgottsfrühe in der Hauswiese die über Nacht von den Bäumen gefallenen Äpfel auflesen. Es war kalt am frühen Morgen, doch es war auch traumhaft schön durch den Morgentau zu stiefeln, das Fallobst aus dem nassen Gras zu klauben und in einen Korb zu füllen. Die Äpfel waren klein, blass und mit dunklen Punkten bedeckt. Einige waren wurmstichig. Diese ließen wir liegen für die Kühe, die nach dem Melken aus dem Stall in die Wiese getrieben wurden. Die ganz faulen Äpfel vermoderten mit der Zeit.
Die Äpfel waren nass und kalt von der Kühle der Nacht und manchmal klebten zarte Grashalme daran. Das Besondere an den Äpfeln aber war ihr Duft. Sie dufteten nach Natur, nach Nacht, nach Morgen, nach Tau, nach Frische, nach Apfel. Die roten Supermarktäpfel riechen nach gar nichts.
Wenn wir mittags nach Hause kamen, rochen wir gleich, dass die Mutter von den Äpfeln Kompott gekocht hatte. Ein unvergleichlicher Duft! Besonders freute ich mich, wenn es Himmel und Erde gab, ein Gericht mit Kartoffeln aus der Erde und Äpfeln von Bäumen, die in den Himmel ragen. Himmel und Erde in einem Topf vereint! Etwas Größeres kann es doch gar nicht geben. Der Duft des Weltalls und der Erdgeruch verbanden sich zu einem Duft aus einer anderen Welt. So eine Speise musste man andächtig essen. 

Ich nehme einen Apfel, reibe ihn am Ärmel blank, schnuppere daran. Ein bisschen riecht er nach Erinnerung.

Übrigens
Das Gericht „Himmel und Erde“ ist ganz einfach zu kochen.

Himmel und Erde


Zutaten: 1 kg mehlige Kartoffeln,
1 Teel. Salz,
1 kg säuerliche Äpfel,
2 Eßl. Zucker,
125 g Räucherspeck,
2 Zwiebeln,
500 g Hausmacher Blutwurst
Mehl
Die geschälten Kartoffeln in Salzwasser gar kochen, abgießen und sofort zerstampfen. Äpfel schälen, vom Kerngehäuse befreien, in Vierteln schneiden und mit ganz wenig Wasser und dem Zucker musig verkochen. Den klein geschnittenen Speck auslassen, die Zwiebelringe hinzugeben und hellgelb braten. Den Kartoffelbrei mit dem Apfelmus vermischen und mit dem Schneebesen sehr sahnig schlagen, evtl. mit etwas Butter, Milch oder Sahne abschmecken. Speck-Zwiebel-Gemisch unterheben. Die Blutwurstscheiben in Mehl wenden und in dem Speck-Zwiebel-Bratfett pro Seite 2 Minuten braten und auf den Eintopf geben.

Wer keine Blutwurst mag, kann dazu ein Spiegelei essen – oder Würstchen - oder Frikadellchen - oder – oder....


Freitag, 20. Juli 2018

Offener Brief an Gott, Himmel


von Sophie Lange

Sehr geehrter Herr Gott,

das ist eine Beschwerde über Ihren Angestellten Petrus, den Wettermacher. Das Wetter bei uns ist eine Katastrophe, Ka – ta – strophe. Und dafür ist doch dieser Typ im Himmelstor Eins verantwortlich.

Anfang des Jahres gab es häufig Starkregen. Ich habe zehnmal nasse Füße bekommen, und meine besten Schuhe sind im Eimer. Dann traten nach der kalten Sophie noch Nachtfröste auf und die meisten meiner Balkonpflanzen sind erfroren. Die ich noch gerettet hatte, sind jetzt vertrocknet. Es ist viel zu heiß! Sag dem Petrus doch mal, er soll sich bei Google Earth einloggen, dann kann er sehen, wo das Rheinland liegt. Hier ist doch  keine Wüste. Mannmannmann! Und wenn er mit der modernen Technik nicht zurecht kommt, soll er ein Engelchen um Hilfe bitten. Die jungen Leute kennen sich aus mit so etwas.



Nun unsere ganz konkreten Vorschläge zum Wetter:

Nicht zu nass und nicht zu trocken!

Nicht zu heiß und nicht zu kalt!

Nicht zu stürmisch und nicht zu windstill!

Kein Mistwetter!

Kein Sauwetter!

Kein Sch....wetter!

Bitte ganz normales Wetter, wie es früher einmal war.



Und wenn Petrus das nicht mehr auf die Reihe kriegt, schmeiß ihn raus. Aber bitte nicht auf die Erde. Wir haben hier schon genug alte Leute und das ganze Renten- und Pflegesystem bricht eines Tages zusammen.



Nun viele Grüße von der Erde

und maach et joot, levver Jott!



Eine Million Menschen haben diese Petition unterschrieben.

Mittwoch, 18. Juli 2018

Hochdahl - alt und neu


von Anne Pöttgen
Dieser Beitrag sollte vor genau einer Woche erscheinen, aber es kam leider ein Krankenhausaufenthalt dazwischen. Ab Freitag geht es dann im alten Rhythmus weiter.

Ich wohne seit genau fünf Jahren in Hochdahl, einem Teil des Städtchens Erkrath, östlich von Düsseldorf. Hört sich unspektakulär an, aber es gibt viel zu erzählen.

Die Stadt Erkrath und die Nachbarstadt Mettmann streiten sich darum, auf wessen

Gebiet der Neandertaler gefunden wurde. Das Neandertal, durchflossen von der Düssel, beginnt definitiv am Rand von Erkrath, Mettmann liegt um einiges entfernt oberhalb vom Tal. Da aber Mettmann Kreisstadt ist, haben wohl beide Recht. Für mich ist interessant, dass ich zwei Kilometer Luftlinie entfernt vom Fundort des Neanderthalers wohne. Soweit zu ganz „alt“. 

„Neu“ ist ganz Hochdahl. Vor nicht allzu langer Zeit gab es auf dem Stadtgebiet nur einzelne Höfe, an die jetzt noch durch Straßennamen erinnert wird. Einer davon¸ der Hof Hochdahl, gab dem ganzen Ort den Namen. In den sechziger Jahren platzte das nahe Düsseldorf aus allen Nähten, machte sich Hoffnung auf die Eingemeindung des Gebietes, das tatsächlich irgendwo an Düsseldorf grenzte. Das ist heute nicht mehr so: Zwischen Düsseldorf und Erkrath wurden Stadtteile getauscht und für Düsseldorf war der Traum von der Eingemeindung ausgeträumt.

In Hochdahl wuchsen Hochhäuser über Hochhäuser für die Wohnungsuchenden heran. Das führte dazu, dass Hochdahl inzwischen mehr als 27.000 Einwohner hat, die Mutterstadt Erkrath bringt es auf 46.000 einschließlich Hochdahl. Da reichlich Grund und Boden zur Verfügung stand, haben die klugen Stadtväter dafür gesorgt, dass Baumgruppen und sogar kleine Wäldchen erhalten blieben. Auf einer alten Topographischen Karte sind die Wälder, Felder und Höfe noch gut zu erkennen.

Hochdahl ist ein grüner Ort, was von oben gut zu erkennen ist. 

Hochdahl hat nämlich auch ein Oben, das ist die südliche Höhe des Neandertals. Da ganz oben gab es einen der ersten Bahnhöfe Deutschlands. Mit dem Bau der Strecke wurde 1838 begonnen. Fabrikanten des nahen Wuppertal brauchten einen Weg, um ihre Waren an den Rhein zu bringen, von wo aus sie in alle Welt gingen.

Die Bahnstrecke Wuppertal – Düsseldorf war bis vor kurzem die steilste Strecke Europas. Von der Rheinebene mit 38 Meter über Normal, bis zum Bahnhof Hochdahl mit 75 Metern musste der Zug mit einer Seilzuganlage gezogen werden. Es war eine Steigung von 33 Prozent zu überwinden. Ein kleines Museum im alten Lokschuppen erinnert heute daran. 

Der Bau der Strecke war Anlass zum Bau einer Eisenhütte. Wie das? Es wurde

Eisenerz gefunden, abgebaut und von 1847 bis 1912 verhüttet. Der Bürgerverein Hochdahl berichtet, dass in den besten Zeiten der Hütte mehr als hundert Menschen beschäftigt waren. Heute erinnern noch einige Straßennamen südlich der Bahnstrecke an die Zeit der Hütte Eintracht: Hüttenstraße, Stahlstraße, oder Bessemerstraße. Soweit zu „neu“. 

Zu „alt“ ist aber noch etwas Wichtiges zu bemerken. Ich wohne an einer Straße, der Sedentaler Straße, die im Mittelalter Teil einer Handelsstraße war, der strata coloniensis. Sie führte auf verschiedenen Trassen, meine hier ist die Trasse Nummer drei, von Köln nach Essen. Genauer gesagt nach Werden, zur Reichsabtei Werden. Nördlich davon endete sie auf dem viel älteren Westfälischen Hellweg. An vielen Stellen im Raum Düsseldorf und Erkrath sind die Trassen heute noch zu erkennen. 

Aus der „Straße“ ist allerdings ein Feldweg geworden. Meine Nummer drei führte durch die Gegend, die heute Hochdahl heißt, über die Höhe, nahe am heutigen Bahnhof vorbei, hinunter ins Neandertal und wieder hinauf nach Mettmann¸ weiter über die Höhen des Niederbergischen Landes nach Werden.