Freitag, 25. Januar 2019

Der Winter


Ein Lied hinterm Ofen zu singen

Matthias Claudius



Der Winter ist ein rechter Mann,

Kernfest und auf die Dauer;

Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an,

Und scheut nicht süß noch sauer.



War je ein Mann gesund, ist er's;

Er krankt und kränkelt nimmer,

Weiß nichts von Nachtschweiß noch Vapeurs (Blutwallungen),

Und schläft im kalten Zimmer.



Er zieht sein Hemd im Freien an,

Und lässt's vorher nicht wärmen;

Und spottet über Fluss im Zahn

Und Kolik in Gedärmen.



Aus Blumen und aus Vogelsang

Weiß er sich nichts zu machen,

Hasst warmen Drang und warmen Klang

Und alle warmen Sachen.



Doch wenn die Füchse bellen sehr,

Wenn's Holz im Ofen knittert,

Und um den Ofen Knecht und Herr

Die Hände reibt und zittert;



Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht

Und Teich und Seen krachen;

Das klingt ihm gut, das hasst er nicht,

Dann will er sich totlachen. -



Sein Schloss von Eis liegt ganz hinaus

Beim Nordpol an dem Strande;

Doch hat er auch ein Sommerhaus

Im lieben Schweizerlande.



Da ist er denn bald dort bald hier,

Gut Regiment zu führen.

Und wenn er durchzieht, stehen wir

und sehn ihn an und frieren.




Freitag, 18. Januar 2019

Der Spatz und die Mösch


Die drei Spatzen


Von Christian Morgenstern 1871 - 1914

In einem leeren Haselstrauch,
da sitzen drei Spatzen, Bauch an Bauch.

Der Erich rechts und links der Franz
und mittendrin der freche Hans.

Sie haben die Augen zu, ganz zu,
und obendrüber, da schneit es, hu!

Sie rücken zusammen dicht an dicht.
So warm wie der Hans hat's niemand nicht.

Sie hör'n alle drei ihrer Herzlein Gepoch.
Und wenn sie nicht weg sind, so sitzen sie noch.


Als ich das kleine Gedicht „Die drei Spatzen“ in einer Seniorengruppe vortrug, kam als Kommentar: „Wir sagen zum Spatz auf platt Mösch.“ Dabei ist auffallend, dass der kleine Piepmatz im Hochdeutschen den männlichen Artikel trägt: der Spatz, in der Mundart aber weiblich ist: die Mösch. Wahrscheinlich wird hier noch das altlateinische Ursprungswort für Mösch erkennbar: muscia, das sowohl Vogel als auch Fliege heißen kann. Und dieses lateinische Wort ist auf jedem Fall weiblich.
Das Wort Mösch gehörte mal zu den beliebtesten rheinischen Dialektwörtern, so dass Willi Ostermann (1876-1936) dazu einen Karnevalsschlager dichtete und komponierte:

Die Mösch, die Mösch, die Mösch,
wie kött die Mösch bei os en de Kösch (Küche).
Und setzt sich medde op der Desch (Tisch),
die Mösch, die Mösch, die Mösch.



Das lautmalende Wort inspirierte mich dann auch zu einem Vierzeiler:

Der graue Spatz, die schöne Mösch,
die turtelten im Frühlingsbösch.
Sie bauten sich ein nettes Nest
und feierten ein Möschefest.

     Sophie Lange


Freitag, 11. Januar 2019

Was gibt's denn da zu tuscheln?


von Sophie Lange
„Am Wochenende können Sie nach Hause,“ versprach der junge Stationsarzt mir zum Ende der Visite. „Wirklich?“, fragte ich überrascht. Der Arzt grinste, wandte sich dem Assistenzarzt zu, flüsterte ihm etwas ins Ohr und tuschelnd verließen die beiden das Krankenzimmer. Was gab es da zu flüstern? Da vermutet man doch direkt etwas, was man nicht wissen soll. Meine pessimistischen Gedanken will ich hier lieber nicht niederschreiben, vielleicht wollten die Götter in Weiß mich nur ein bisschen zum Narren halten. Wenn ich eines nicht leiden kann, dann ist es Getuschel. Hier sollen wohl Geheimnisse geheim bleiben.
Als ich zum ersten Mal mit meinem Rollator durch unsere Straße fuhr, glaubte ich, überall Getuschel zu hören. „Schau mal die Alte da, wie stolz sie auf ihren 'Mercedes' ist,“ meinte ich zu verstehen. Ob im Bus, bei einer Versammlung oder bei einer Familienfeier, überall wird getuschelt. Sogar beim Fußballspiel meinen Profis, sie müssten sich durch Flüstern hervortun und vorsichtshalber halten sie sich die Hand vor dem Mund, damit bloß niemand auf die Idee kommt, sich im Lippenlesen zu versuchen.
Neugierig bin ich, wenn Politiker sich gegenseitig etwas ins Ohr flüstern. Und die haben anscheinend andauernd etwas zu erzählen, was keinem normalen Bürger etwas angeht.
Um die Spannung zu steigern, wird gerne in einem Thriller eine Flüsterstimme eingefügt.

Ich muss gestehen, dass ich in jungen Jahren auch gerne getuschelt habe. Besonders in der Schule flüsterte ich hinter vorgehaltener Hand meiner Nachbarin stets etwas ins Öhrchen. Die Lehrerin reagierte immer ungehalten auf unsere Geheimniskrämerei! “Was gibt’s denn da zu tuscheln?“, dröhnte sie in die Klasse. Wir kicherten verhalten und konzentrierten uns wieder auf den Unterricht. Oder taten zumindest so.

Übrigens:
Ich wurde an dem angekündigten Wochenende tatsächlich aus dem Krankenhaus entlassen. Jetzt wüsste ich nur zu gerne, was die Ärzte als Kommentar getuschelt haben.

Freitag, 4. Januar 2019

Gute Vorsätze


von Sophie Lange
Alles Gute zum neuen Jahr! Das haben wir in den letzten Tagen oft gesagt und geschrieben. Laut Umfragen steht bei den guten Wünschen für sich und für seine Lieben die Gesundheit an erster Stelle.

Nun kann man sich intensiv Gesundheit wünschen, das ist aber noch lange keine Garantie für ein Jahr ohne Beschwerden und Krankheit. Wir müssen auch selbst etwas dafür tun. So stehen neben den guten Wünschen auch die guten Vorsätze.

Gretel hat sich zum Beispiel vorgenommen, sich mehr zu bewegen. Runter von der Couch! Jeden Tag etwas Gymnastik mit Atmungs- und Entspannungsübungen sowie ein kleiner Spaziergang mit viel frischer Luft.

Regelmäßig steht der Vorsatz „gesunde Ernährung“ auf der Vorsatzliste. Die ersten Wochen gibt es tatsächlich Erfolge, doch schon bald schleicht sich der alte Schlendrian wieder ein: Zu viel, zu fett, zu viel Süßes. Darum jetzt auf ein Neues mit neuen Vorsätzen.

Unser Nachbar nimmt sich schon seit Jahren an jeden 1. Januar fest vor: Im neuen Jahr keine Zigaretten mehr. Da er es das jedes Jahr wieder neu beschwört, brauchen wir über den Erfolg nicht zu philosophieren.

Das neue Jahr soll aber auch ein glückliches Jahr werden. So wollen wir zumindest einen Urlaub einplanen, vielleicht eine Kreuzfahrt, die man sich schon so lange gewünscht hat. Den tristen Alltag können wir mit kleinen Familienfeiern oder Ausflügen auffrischen. Solche Vorsätze lassen sich doch gerne einhalten.

Man kann sich aber auch vornehmen, für das nächste Jahr keine Vorsätze zu fassen und sind dann vor Enttäuschungen aller Art gefeit und können das neue Jahr entspannt und frohgemut beginnen. 

Gute Wünsche sind aber immer angebracht und daher auch an dieser Stelle: Alles Gute für das Jahr 2019, Gesundheit, Glück und viele frohe Stunden.