Freitag, 14. September 2018

Als "Backfische" noch ständig kicherten



von Sophie LangeMühsam quält sich eine alte Frau aus dem Bus. Drei Mädchen beobachten sie dabei und kichern hinter vorgehaltener Hand. „Backfische“ nannte man diese halbreifen Gören zur Kaiserzeit, deren Markenzeichen ständiges Keckern war. Aber auch Goethe benutzte das Wort „Backfisch“ und schrieb vom „hübschesten Backfisch im ganzen Dorf“. In Grimms „Deutsches Wörterbuch“ von 1854 ist ein Backfisch ein „junges, unausgewachsenes Mädchen“.

Genau wird die Anfangszeit des Backfischalters festgelegt: 

Mit 14 Jahr' und sieben Wochen
ist der Backfisch ausgekrochen.

Zu Ende sollte diese alberne Zeit mit 17 Jahren sein. Diese Grenze wurde aber oft überschritten. Diesen pubertierenden Mädchen zwischen Kindheit und junge Dame sah man vieles nach: Herumalbern, Dramatisieren jeder Kleinigkeit, exorbitantes Schwärmen für Schauspieler und Sänger und besonders ständiges sinnloses Kichern.  Wenn jedoch 30jährige Frauen noch so albernes Backfischgehabe zeigen, ist das eher peinlich.
Die freien Jahre nach der Schulzeit sollten die Mädchen eigentlich nutzen, sich auf die Ehe vorzubereiten, den Haushalt oder die Haushaltsführung zu erlernen und Kindererziehung zu verstehen. Die höheren Töchter aus feinem Haus interessierten sich aber lieber für Mode, Schmuck und festliche Tanzveranstaltungen. Für die Mädchen war es wichtig, schon mal nach einem passenden, möglichst gutsituierten Ehemann Ausschau zu halten. Dass manche „Backfische“ auch recht aufmüpfig sein konnten, soll nicht verschwiegen werden, wenn auch die Gleichberechtigung von  Frauen noch in weiter Zukunft lag .

Das Wort „Backfisch“ kann etwas mit der Fischerei zu tun haben. Zeigen sich Fische nach dem Fang zu jung und zu klein für den Verkauf, werden diese Frischlinge zurück (engl. back) über Backbord wieder ins Meer geworfen und werden zu „backfish“. Dass dann der deutsche Backfisch als beliebter Schnellimbiss eine ganz andere Bedeutung bekam, war nicht vorauszusehen. Beide Bedeutungen feiert man jährlich in Worms bei einem Backfischfest.      

Andere Sprachforscher sehen den Ursprung von „Backfisch“ in der Studentensprache im Wort Baccalaurus, der Abschluss eines unteren akademischen Grades. Auch das heute gebräuchliche Bachelor stammt aus dieser Wurzel.

Aus den Backfischen wurden später Teenager, die den männlichen „Halbstarkenin nichts nachstanden. In manchem Benehmen haben die zickigen Teenies von heute durchaus Ähnlichkeit mit den kichernden Backfischen von einst, allerdings hat die heutige weibliche Jugend viel mehr Freiheit als ihre Vorfahren.

Übrigens
fanden die Backfische auch Einlass in die Jugendliteratur, so
in den „Nesthäkchen-Bänden“ von Else Ury  (1877 –1943 im KZ Auschwitz)
als „Trotzkopf“ von Emmy von Rhoden und anderen ab 1885
in den „Wildfang-Bänden“ von Angelika Harten (1858 bis 1945)

Andere Autorinnen der Backfischliteratur sind: Magda Trott, Henny Koch und andere




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