Die Senioren hatten sich zum Gesprächskreis eingefunden. Als
nun die Gruppenleiterin eintrat, riss sie zuerst einmal das Fenster weit auf,
um frische Luft einzulassen. Ein gemeinsamer Schrei: Es zieht.
Manche Menschen reagieren sehr empfindlich auf einen Luftzug,
auch zu Hause. Dabei sind heute Wohnungen und Häuser, besonders die neuen, gut
isoliert. In den alten Häusern war das anders. Da zog es aus allen Ecken und
Kanten. Immer wieder scholl der Ruf durchs Haus: Es zieht! Diese Aussage,
eigentlich nur eine einfache Feststellung, sollte aber auch sagen: Stellt
diesen Luftzug bitte sofort ab. So wurden Decken auf die Fensterbank gelegt und
Türritzen mit Lumpen abgedichtet. Manches Loch wurde mit Zeitungspapier ausgestopft
und trotzdem zog es noch immer wie Hechtsuppe. Von einem Durchzug, wenn Türen
und Fenster geöffnet sind, wollen wir gar nicht reden. Für manchen eine
Katastrophe und der Anfang einer Erkältung.
Unsere Vorfahren aus der Antike hatten da ganz andere Sorgen.
Bei den ersten Häusern war zwar ein Loch in der Mauer, aber das hatte mit einem
Fenster wenig zu tun. Es diente vorwiegend dazu, sich aus der Wohnstatt hinaus
verteidigen zu können. Erst nach Jahrhunderten wusste man ein Fenster auch als
Lichtspender und Kälteschutz zu schätzen. Um sich vor Durchzüge zu schützen,
mussten Tierhäute, Pergament oder Leinenstoff dienen. Dass es trotzdem zog, ist
verständlich. Aber vielleicht waren die Menschen früher auch abgehärteter als
wir heute.
Im alten Rom gab es dann bald auch Fensterglas. Dadurch
wurden Fenster natürlich etwas wetterfester. Aber bis zur Doppel- und
Dreifachverglasung war noch ein weiter Weg.
Gern erinnern sich noch Menschen aus der letzten
Vergangenheit an die Fensterläden, die von außen geschlossen wurden. Farbig
gestrichen gaben sie nicht nur dem Haus, besonders den Fachwerkhäusern, ein
buntes Bild, sondern schützten auch vor der Kälte der Nacht. Diese Holzläden
hatten jedoch auch Nachteile: Das Fensterln wurde dadurch umständlich.
Was es mit dieser bayrischen Tradition auf sich hatte, das
ist eine andere Geschichte.
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