Freitag, 3. August 2018

Rentner haben nie Zeit


von Sophie Lange

Gedränge an der Kasse eines Supermarktes. Meist ältere Menschen. Rentner. Und das am frühen Morgen. Plötzlich eine energische Stimme aus der Reihe der Wartenden: „Können Sie nicht mal die zweite Kasse aufmachen!“ Die Kassiererin reagiert unwillig und piepst: „Rentner haben nie Zeit!“ Dann grummelt sie etwas in ihr Telefon und dann: „Sie können schon mal an Kasse zwei auflegen.“ Mürrisch! Unfreundlich!
Flink wechseln die meisten von Kasse Eins zur Kasse Zwei und legen ihre Waren auf. Jetzt ist dort eine lange Schlange. Es kommt nur niemand von den Angestellten. Also eilen einige wieder zurück zur Kasse Eins. Geschiebe und Gedränge! Schließlich kommt die zweite Kassiererin. Freundlich und frohgelaunt. Wäre man nur besser an Kasse Zwei geblieben. Da geht es bestimmt jetzt mit Schwung los. Wieder zurück! Zeit ist Geld!
Die meisten frühen Einkäufer haben nur wenige Sachen im Einkaufswagen liegen. Tageseinkäufe oder nur ein Schnelleinkauf für das Frühstück. Nur eine Frau hat den Wagen pickpacke voll geladen. Wocheneinkauf für die Familie. Sie will gerade anfangen, ihre Einkäufe aufs Band zu legen, als von hinten jemand ihren Wagen zurück zieht und sich dann an die Frau vorbei drängelt. „Ich hab' nur ein bisschen!“ Er ist nicht der einzige, der nur „ein bisschen“ hat. Alle schieben sich jetzt vor.

Rentner haben nie Zeit. Eines der ungelösten Rätsel der Menschheit. Eigentlich müssten Ruheständler doch alle Zeit der Welt haben. Aber sie sind stets in Eile und bittet man sie um einen Gefallen, winken sie ab. Keine Zeit!  Ist das nun ein Vorwand oder ein Vorurteil oder ist da etwas Wahres dran?  Für alle trifft das bestimmt nicht zu. Doch nur zu oft kann man ungeduldige ältere Menschen beobachten, nicht nur im Supermarkt, sondern auch im Wartezimmer beim Arzt, im Bus, im Café, im Restaurant. Gepaart ist die Eile mit mürrischem Geschimpfe. Im Ruhe – bzw. im Unruhestand jagen besonders Männer stets der Zeit hinterher. Vergeudete Zeit aufholen! Begrenzte Lebenszeit verlängern und sinnvoll nutzen.
Zurück in den Supermarkt. Endlich ist auch die Frau mit den Wocheneinkäufen durchgeschleust. Auf dem Parkplatz staunt sie jedoch nicht schlecht. Da stehen doch tatsächlich die Rentner, die es vorher so eilig hatten und diskutieren lautstark. Um Fußball geht es, soviel kriegt die gute Frau mit. Jetzt haben die Herren der Schöpfung auf einmal doch Zeit.

Übrigens:
In der Eifel werden Menschen, die es besonders eilig haben  mit dem Satz abgebremst: „Musst Du heut' noch in et Heu?“ Nun ist die Eifel längst nicht mehr so bäuerlich geprägt wie vor Jahrzehnten und nur die wenigsten müssen das Heu vor dem nächsten Regenguss ins Trockene bringen. Aber der Satz hat sich im Volksmund fest etabliert: „Musst du heut' noch in et Heu?“ Eigentlich nicht …

                                                                       

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