Freitag, 19. Oktober 2018

Als die Herbstferien noch Kartoffelferien hießen


von Sophie Lange

Heute werden die zweiwöchigen Herbstferien gerne für einen Kurzurlaub mit der Familie genutzt. In meiner Kindheit waren die schulfreien Wochen im Oktober harte Arbeitswochen, denn die Kartoffelernte stand an. Und allein dafür waren die Ferien, die bis etwa 1950 Kartoffelferien hießen, gedacht.

Schon am frühen Morgen, wenn noch Nebelwellen durch die Flusstäler zogen, stiegen Mann und Frau, Knechte und Mägde, Kind und Kegel jeden Alters auf das Pferdefuhrwerk und ab ging es auf den Kartoffelacker am Waldrand.
Während die Männer mit dem Dreizack (in der Eifel Kaasch genannt) die Erdfrüchte aus dem feuchten Boden gruben, lasen Frauen und Kinder die Erdäpfel auf und sortierten diese nach Größe in Körbe. Sobald eine „Mang“ voll war, schütteten die Männer sie in Säcke.
Mittags war die erste Fuhre fertig, um nach Hause gefahren zu werden. Auf dem Rückweg transportierte sie dann einen großen Kochtopf, in dem den ganze Morgen hindurch eine dicke Erbsensuppe auf dem Herd gebrodelt hatte. Jeder bekam einen Löffel und von einem Bauernbrot eine Kante und dann ging das lustige Schmausen aus dem großen Topf los.
Der Vater erzählte dann gerne von den „Nüng van  Hiddehofen“, die bereits 1730 die Frucht aus Amerika für sich entdeckt hatten. Neun Familien gab es damals nur in dem Dorf Heddinghofen im bergischen Land und erst 100 Jahre später konnten die „Nüng van Hiddehofen“ auch andere Dörfer von dem Sattmacher Kartoffel überzeugen.
Ein Tag auf dem Feld war lang und hart. Wir Kinder freuten uns auf den Abend. Denn dann wurde vom Kartoffellaub ein Feuer angezündet und darin wurden kleine Pellkartoffel gegart. Mit einem Ast holten wir die garen Kartoffel aus der Glut. Das Schönste an diesem Essen war, dass wir alle zusammen saßen, eine große Familie, eine große Gemeinschaft. Und irgendwann stimmte der Vater unser Lieblingslied an: Kein schöner Land in dieser Zeit.

So ein Abend ist mit einem Urlaubstag an irgendeinem Strand nicht zu doppen. 

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