Donnerstag, 28. Februar 2019

Junge und alte Möhnen

von Sophie Lange

In aller Frühe des Altweibertages treffen sich einige junge Frauen bei Trude. Diese hat einen Schatz zu Hause, eine Eichentruhe mit lauter Klamotten aus Urgroßmutters Zeiten. Diese sind an diesem Tag genau richtig für das närrische Möhnetreffen (Altweibertreffen). Hier wird nun emsig gestöbert und mit übermütigem Gekicher die ersten Sachen anprobiert. Die langen schwarzen Kleider der Ahnin. -aus handgewebten schafwollenen Stoffen - sind viel zu groß und zu weit. Da wird noch genäht und mit Sicherheitsnadeln hantiert, bis alles halbwegs passt.
Für den Straßenkarneval ist der warme Lodenmantel unverzichtbar. Diesen dunklen Wintermantel nannte man früher Altfrauenmantel oder Möhnemantel. Darüber wird ein großes viereckiges, oft buntes Schultertuch umgeschlagen, das weit in den Rücken fällt. Das Prachtstück der Verkleidung ist jedoch die Kopfbedeckung, weiße haubenartige Mützen mit mannigfaltigen Verzierungen. In einem Karton hat die Ahnin die verschiedensten Arten und Formen gesammelt. Das Aufsetzen löst nun regelrechten Enthusiasmus aus. Die jungen Frauen haben sich endgültig in alte Möhnen verwandelt und stürmen nun hinaus ins närrische Treiben. Unter den vielen bunten Kostümen fallen sie auf in ihrer originalen dunklen Möhnen-Tracht.  Aber der Spaß ist bei allen gleich groß.

Wie alt ist der Altweibertag? Darüber haben manche Volkskundler sich Gedanken gemacht. Einige sehen darin sogar keltische Wurzeln. Nachweislich haben schon die römischen Frauen zum Ausklang des Winters zügellose Frühlingsfeste „in geschlossenen Räumen unter striktem Ausschluss der Männer“ gefeiert. Hier sieht man sogar noch Überbleibsel von den heidnischen Schutzgöttinnen und fragt sich: „Waren vielleicht die ubischen Matronen, die einheimischen Göttinnen der Römerzeit, die Urmütter der Fasenacht?“ (Renate Matthaei: Matronen, heilige Jungfrauen und wilde Weiber, 2001) Weihesteine mit Frauenversammlungen deuten auf Zusammenhänge.  


Foto Sophie Lange

Die heidnischen Frühlingsfeste wurden seit dem 10. Jahrhundert als Fastnacht in das Kirchenjahr eingegliedert, immerhin findet Karneval 40 Tage vor Ostern statt und fordert zum Fasten auf. Selbst im Mittelalter blieb die Fastnacht erhalten, mal mehr, mal weniger. Der Straßenkarneval setzte sich durch. Häufig wurde „die verkehrte Welt“ von Verboten bedrängt. Aber wie wir dieses Jahr wieder feststellen können, hat sie überlebt.
Die gallo-römischen Matronen-Göttinnen als Urmütter des Altweibertages? Das ist zu schön, um wahr zu sein. Und so kommt auch energischer Protest: „Tatsache ist, dass es sich um einen spätmittelalterlichen Brauch handelt, der absolut nichts mit uraltem weiberbündischem Kult zu tun hat... (Alois Döring: Rheinische Bräuche durch das Jahr, 2006)



 Diese Möhne verkauft auf der Kö Krawatten zugunsten der Armenküche. (gemeint ist wahrscheinlich die „Tafel“), Foto gemeinfrei

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